Literaturcafé: Ein Abend über Peter Weiss

Prof. David Salomon

Peter Weiss wäre am 8. Dezember 2016 100 Jahre alt geworden. An diesem Datum wurde Donald Trump gewählt. Daher konnte die Veranstaltung nicht stattfinden. Sie wäre wahrhaft überschattet gewesen. Der Auschwitztag ist allerdings ein mindestens ebenso passendes Datum. Von Weiss stammt das entscheidende Theaterstück über die Verdrängung des Holocaust (Die Ermittlung). Insbesondere freuen wir uns, Prof. Dr. David Salomon als einen ausgewiesenen Weiss-Experten im akademischen Forum der Weibelfeldschule begrüßen zu können. Er ist der Schule wohl bekannt, hat hier Abitur gemacht und mehr als einmal auch das alte Literaturcafé bereits als Schüler getragen. Herr Prof. Salomon wird uns sowohl in Die Ermittlung als in den bekannteren Marat Sade einführen. In den Abend einleiten und das Gespräch mit Hr. Prof. Dr. David Salomon suchen wird Hr. Dr. Steinl. Fragen des Auditoriums sind allerdings erlaubt und mehr als erwünscht. Andernfalls droht eine Zwiesprache der beiden genannten Intensivtäter.

Als Zielgruppe gilt es neben den üblichen Verdächtigen insbesondere die Schülerinnen und Schüler der WfS anzusprechen, die im Fach Deutsch (Jg. 12/13) eine schriftliche Prüfung ablegen wollen. Peter Weiss steht zwar nicht auf der Leseliste, seine Arbeiten sind aber mehr als geeignet, sich mit dem Wahnsinn in seinen verschiedenen Dimensionen auseinanderzusetzen (etwa im Anschluss an Hoffmanns Sandmann, Büchners Lenz und Briefe oder auch Süskinds Das Parfüm, um nur einige aus der Leseliste heraus bekannte Autoren und Werke zu nennen).

Resumé

Drei Ereignisse, ein Resultat. Am 8.Dez.2016 wäre der bedeutende Schriftsteller Peter Weiss 100 Jahre alt geworden. Am 27.1.45 wurde Auschwitz von der roten Armee befreit. Zwischenzeitlich verstarb auch noch der Altbundespräsident Roman Herzog, der uns die Erinnerung an den Völkermord ins Stammbuch schrieb. Grund genug für die WfS, wenigstens dieses Jahr nicht zur Tagesordnung überzugehen, sondern entsprechend innezuhalten. Die Verbindung von Weiss mit dem Auschwitztag ist dabei alles andere als äußerlich. Peter Weiss ist der Schriftsteller gewesen, der mit seinem Oratorium Die Ermittlung, das den Ausschwitzprozess in Frankfurt am Main Anfang der 60er Jahre zum verstörenden Inhalt hat, sich mehr als jeder andere dem Vergessen entgegenstellte, das die frühen Nachkriegsjahre prägte. Von daher lag es auf der Hand, den Auschwitztag mit einer Erinnerung an diesen großen Autor zu erinnern und mit Professor David Salomon einen ausgewiesenen und der Schule vielfältig verbundenen Kenner der Weiss’schen Werke einzuladen.

Für die Schüler ergab sich daraus die interessante Begegnung mit einem politischen Denker, der an der Schule 1998 Abitur gemacht und diese über seine Mutter (Frau Salomon) begleitet hatte. David Salomon gehörte dereinst auch zu den Köpfen des auf diese Weise wieder entstehenden Literaturcafes, das schon seinerzeit immer wieder versucht hatte, derartige Ereignisse auf diese Weise zu begehen. Dass dabei auch die anderen Werke von Peter Weiss zur Sprache kamen (v.a. Marat/Sade und Ästhetik des Widerstands) ist dabei keineswegs nur der Vollständigkeit halber anzumerken.

Dem Veranstalter des Ganzen (Dr. Steinl) war es ein großes Anliegen, insbesondere über den Marat/Sade eine Brücke zu den derzeit zu lesenden Werken des Deutschunterrichts (Sandmann, Lenz und Briefe sowie Das Parfüm) zu ziehen und auf die grundlegend andere Behandlung des Wahnsinns abzuheben.

Bleibt die Anmerkung, dass die im Vorfeld befürchteten ewigen Zwiegespräche zwischen diesen beiden dank der interessierten Fragen der anwesenden Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 11, 12 und 13 ausblieben und ein für alle Anwesenden überaus gewinnbringender und angenehmer Abend entstand.

 

Die Veranstaltung fand am 27. Januar um 18:30 in Raum 62 statt.

Text: Dr. Gerhard Steinl

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen.