Politikern auf den Zahn gefühlt

Update: Wie würden WFS-Schüler wählen?

Vor und nach der Podiumsdiskussion knapp einen Monat vor der Bundestagswahl haben die WFS-Schülerinnen und -Schüler abgestimmt, wem sie ihr Kreuz schenken würden. Hier sind die Ergebnisse:

Podiumsdiskussion der Partei-Vertreter Kreis Offenbach 

Zur Aufzeichnung durch das SFD Bild anklicken

Ist Jugend noch politisch? Zumindest scheint sie politisch so interessiert zu ´FS) war am Mittwoch, dem 30.08.2017, trotz brütender Hitze proppenvoll: Frau Flach und Herr Lindner hatten zur Podiumsdiskussion der Spitzenkandidaten des Kreises Offenbach eingeladen und die Schülerinnen und Schüler der Q1 und Q3 waren sogar überpünktlich erschienen und schienen während der gesamten Podiumsdiskussion konzentriert und bei der Sache zu sein.

Bereits im Vorfeld hatten die Organisatoren mit den Schülern Fragen erarbeitet, die die Themen der Gesprächsrunde dominierten. Vertreter aller Parteien mit realistischen Chancen auf den Einzug in den nächsten Bundestag waren erschienen:

  • Die Linke (Christine Buchholz)
  • Grüne (Wolfgang Strengmann-Kuhn)
  • SPD (Tuna Firat)
  • CDU (Björn Simon)
  • FDP (Karl-Richard Krüger)
  • AfD (Arno Groß)

Damit jede/r Parteienvertreter/in gleich wusste, wie ihr/ihm das Publikum gesonnen war, stimmten die Oberstufenschüler kurz zuvor ab, wen sie wählen würden. CDU (34,2%) und Grüne (31%) hatten hierbei die Nase klar vorn, die SPD belegte mit 15,5 % den dritten Rang. Mit 5,6% würde Die Linke die 5-Prozent-Hürde gerade noch so knacken – wenn es nach den Schülern der WFS ginge. FDP (3,1%) und AfD (3,3) hatten bei dieser Befragung die wenigsten Fans. In einer Kurzvorstellung konnten sich die Vertreter zunächst einmal vorstellen.

 

Die Podiumsdiskussion startet

Spielerisch aufbereitet wurden die Themen anschaulich dem Publikum und den PolitikerInnen präsentiert. Interaktiv und videogestützt wählten die ParteienvertreterInnen die Themen aus den Bereichen „Mein Land, dein Land“, „Grenzüberschreitung“ und „Blick nach vorn“.

Beim Thema Gesichtserkennung mittels spezieller Videotechnik zeigten sich bereits Unterschiede in den Parteienmeinungen. Ist der Einsatz dieser Technik eher eine Scheinsicherheit (Grüne, Linke) und wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Gibt es Alternativen? Für häufigeren Einsatz ihrer Waffe bei Polizisten sprach sich Arno Groß (AfD) aus.

Wie Deutschland mit autokratischen Führern anderer Länder umgehen soll, wollten viele Schülerinnen und Schüler der WFS wissen. Auch die Mietpreisbremse und soziale Gerechtigkeit waren Themen, die das Publikum interessierte.

Einigen Politikern gelang es, den Praxisbezug der manchmal so schwer-wirkenden Themen in die Lebenswelten des jungen Publikums zu holen. So sprach der SPD-Vertreter Tuna Firat beim Thema Umgang mit geflüchteten Jugendlichen vom jüngsten Beispiel aus Offenbach, denn dort drohe 70 Schülerinnen und Schülern die Abschiebung in ihre Herkunftsländer. Auf Herrn Lindners Nachfrage, was konkret Lehrer denn nun tun sollten, wenn die Vollzugsbeamten einen Schüler bzw. eine Schülerin aus ihrem Unterricht holen wollten, äußerte Christine Buchholz (Die Linke) den Wunsch, man möge sich schützend vor die Person stellen und für ihr Bleiben eintreten. Ob dies für Beamte folgenlos bleiben würde, wurde nicht besprochen.

 

Politiker in Schulen – nicht alltäglich!

Vor Jugendlichen zu diskutieren, ist auch für PolitikerInnen keine Alltäglichkeit. Man buhlte um die Gunst der Jungen, wollte hip wirken („Facebook ist das, was ich sehen will und nicht die Realität – Virtual Reality eben“ – FDP). Unruhe entstand im Publikum bei kessen Seitenhieben, die vor allem gegen eine Partei ausgeteilt wurden. Politik lebt, sie ist greifbar und berührt unseren Alltag. Ob Waffenexporte nun komplett einzustellen sind (Linke), für eine friedenssichernde Maßnahme auch militärische Einsätze differenziert zu beraten sind (Grüne) oder man sich Feinde noch näher halten sollte als Freunde (AfD wörtlich „Mit Putin muss man sich anfreunden“) – jeder der Schülerinnen und Schüler konnte sich ein Bild machen, wofür die Parteien stehen.

 

Das Publikum stellt Fragen

Die Schüler stellten auch direkt Fragen an die Runde. So wurde hier zum Beispiel das bedingungslose Grundeinkommen angesprochen. Tuna Firat (SPD) zeigte sich „genervt von dem Märchen von der Leistungsgerechtigkeit“ im Hinblick auf die Aussagen von Björn Simon (CDU), der eine „gerechte Bezahlung für gute Arbeit“ gefordert hatte.

Ein bisher wenig diskutiertes Thema sprach ebenfalls eine Schülerin aus dem Publikum an: Wieso die Rate psychisch Erkrankter vor allem bei Jüngeren so stark gestiegen sei in den letzten Jahren, wollte sie wissen. Von „Reizüberflutung und falsche[n] Vorbilder[n]“ und zu wenig Selbstvertrauen käme dies, so Karl-Richard Krüger (FDP). Dass dies wohl eher am hohen Druck in der Schul- und Arbeitswelt liege, konterte hingegen Christine Buchholz (Die Linke). G8, das Streben nach Vergleichbarkeit und „Bulimie-Lernen“ zeugten ihrer Meinung nach von einem falschen Bildungsverständnis.

 

Also alles anders, aber wie?

Gegenseitige Beschuldigungen hatte sich eine weitere Schülerin aus dem Publikum gleich vorweg verboten, hatten diese Seitenhiebe im Gespräch zwar für ein amüsiertes Publikum gesorgt, jedoch die Fragen teilweise unbeantwortet gelassen. Damit hatte sie ins Schwarze getroffen und wurde sogleich von den Parteien mit ihren Plänen für ein besseres Bildungssystem umworben.

 

Politisches Interesse geweckt!

Im Publikum wurde während der gesamten Veranstaltung oft genickt, manchmal gelacht oder applaudiert. Das Interesse an aktueller Politik in Deutschland und der Welt schien für die (künftigen) Erstwähler/Erstwählerinnen nahbarer geworden zu sein, keine abstrakte Welt mehr, von „denen da oben“ gewebt. Auch nach der Veranstaltung gesellten sich einige Jugendliche noch zu den Politikern, um mit ihnen persönlich ins Gespräch zu kommen.

Es war also offenbar gelungen, das Interesse des Publikums zu wecken und sie auch spüren zu lassen, dass es um ihre Zukunft, um ihr Leben geht bei dieser Wahl, bei allen Wahlen. Die Kandidaten hatten Wahlprogramme, Terminflyer und definitiv Eindruck da gelassen.

Nur wählen gehen, das muss nun jeder für sich alleine machen. 24. September!

Linda Hein

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